Barbie is white feminism for beginners, and that’s okay’ Die Übersetzung lautet ‘Barbie ist weißer Feminismus für Anfängerinnen, und das ist in Ordnung.

Barbie ist weißer Feminismus für Anfängerinnen, das ist okay.

Schon bevor es dazu überhaupt einen Trailer gab, war Greta Gerwigs dritter Kinofilm Barbie heftig umstritten. Würde sich ein Film über die Barbie-Puppe – das Aushängeschild der Spielzeugfirma Mattel – nur als weiterer Beweis für die Kommerzialisierung der Filmkunst herausstellen? Und könnte ein Film über die Barbie unter der Regie einer Frau sogar feministisch sein? Immerhin besteht die Kino-Landschaft in den letzten 15 Jahren größtenteils aus Blockbustern wie den sehr männerlastigen Marvel-Filmen, den Star-Wars-Sequels, den Herr-der-Ringe-Prequels, den endlos fortgesetzten Transformers, und so weiter, in denen es (wenn wir mal ehrlich sind) mehr um Profit geht als um wirkliche Kunst. Während die Budgets dieser Filme immer größer werden und jene mit kleinerem Preisrahmen immer weniger Zeit im Kino bekommen, ist es verständlich, wenn auch du der Zukunft der Filmbranche eher frustriert entgegenblickst. Gibt es in dieser neuen Welt überhaupt noch einen Platz für Indie-Filme, kurz für „independent“, also „unabhängig“? Was sollen wir davon halten, wenn einstige Indie-Favoriten wie Greta Gerwig plötzlich die Zügel großer Hollywood-Produktionen in die Hand nehmen? Und sollten wir uns von diesen Blockbustern überhaupt scharfsinnige Gesellschaftskritik erhoffen?

Angesichts der Entwicklung der Filmbranche lässt sich nicht leugnen, dass Barbie eindeutig eine Anomalie ist. Barbie-Puppen kämpfen nicht in weltbedrohenden Schlachten oder beweisen übermenschliche Stärke. Barbies waren weder im Fernsehen noch in Comics übermäßig vertreten. Sie sind ein klassisches Spielzeug, das in den letzten Jahren von Bratz-Puppen und dem Monster-High-Franchise verdrängt wurde. Die Wahrheit ist: Die Barbie ist ein Klassiker, der jetzt mit einem Knall wieder im Mainstream gelandet ist, trotz ihrer Retro-Fashion, -Prioritäten und -Politik. Und genau das ist der Grund dafür, warum sich Barbie so erfrischend, so neu anfühlt – und zwar für das junge und das alte Publikum.

Ist Barbie aber allein schon dadurch ein feministischer Film, dass er die Existenz des Patriarchats anerkennt?

Gerwigs Film erzählt die simple Geschichte einer Barbie-Puppe (Margot Robbie), die plötzlich unter den Existenzängsten und Unsicherheiten einer realen Frau leidet. Im kunterbunten Barbieland gibt es aber keinen Freiraum für Trauer, Depression oder Selbstzweifel – zumindest nicht für die Barbies. Sie sind allesamt wunderschön, intelligent, erfolgreich, liebevoll und durchgehend fröhlich. Ihre Präsidentin ist eine Schwarze Frau (Issa Rae). Ihre angesehenste Ärztin ist eine trans Frau (Hari Nef). Es gibt Plus-Size-Barbies, Barbies mit Behinderung, und sie alle scheinen harmonisch miteinander auszukommen – in einem Girlboss-Paradies, in dem Männer lediglich Anhängsel sind. Während die Barbies die Welt regieren, führen die Kens ein zielloses Leben am Strand und vertreiben sich miteinander die Zeit, während sie darauf warten, dass die Barbies ihnen Aufmerksamkeit schenken.

Als Barbie dann ihre Selbstfindungsreise beginnt, fühlt sich ihr Ken (Ryan Gosling) demnach dazu verpflichtet, sie zu begleiten. Wohingegen er aber schwer in sie verliebt ist, erwidert Barbie seine Gefühle nicht – obwohl sie genau genommen füreinander gemacht sind, im wahrsten Sinne. Gefangen in dieser ausschließlich symbolischen Beziehung, wird Ken langsam unruhig. Und sobald die beiden in der realen Welt ankommen, wächst seine anfängliche Nervosität zu etwas Finsterem heran.

Barbie is a classic “battle of the sexes” story that exaggerates Barbie and Ken’s relationship problems into a full-blown gender conflict, including numerous references to patriarchy and the objectification of women. Their experiences show that the real world is the complete opposite of Barbie Land. In Barbie Land, the Supreme Court consists exclusively of women; in the real world, many positions of power are held by men, and men control a large portion of the money, while women are consistently underestimated and reduced to their desirability. And after spending his whole life waiting for Barbie at the beach and hoping she would notice him, Ken becomes radicalized in the real world – hoping that traditional masculinity and patriarchy might finally win him Barbie’s love.

Isn’t it unfair to burden Barbie with such an ideological responsibility? If patriarchy is indeed an integral part of our world – and always has been – then isn’t it simply logical to portray it in the media?

But is Barbie already a feminist film simply by acknowledging the existence of patriarchy? The internet seems to think so. For example, The Daily Beast praised America Ferrera’s “feminist speech” in the film. Time Magazine published a feminist defense of Barbie. And even we at HotQueen referred to Barbie as “the feminist film of this generation.” The conservative outrage against the film became so loud that the Los Angeles Times had to declare that the film “does not hate men.” The extent of this debate is surprisingly large for such a film. But isn’t it unfair to burden Barbie with such an ideological responsibility? If a film simply acknowledges the existence of racism, does that automatically make it anti-racist? If a film includes an LGBTQ character, does that make it queer? If patriarchy is indeed an integral part of our world – and always has been – then isn’t it simply logical to portray it in the media? And does this portrayal necessarily have to be academically analyzed and at the same time provide a solution to a problem that we are not actually any closer to solving in our real world? All of this sounds like a lot of responsibility for a film that tries to portray patriarchy with phrases like “Mojo-Dojo-Casa-House” and “When I found out that patriarchy has nothing to do with horses, I lost interest.”

It is fascinating that as a culture, we have now reached a point where we expect even the funniest, most imaginative media to provide solutions to our problems. Because it addresses the issue of gender in its films, Greta Gerwig, as a woman, must therefore justify how she portrays being a woman. It is often overlooked that she is just one of many female directors who have also tried to portray reality as a woman in their own unique ways. Perhaps it is due to our poor memory that we seem to forget that Gerwig is neither the first nor the only female voice in the film industry. It would be completely absurd to demand from her work – or any work – to depict the entirety of the reality of being a woman in our world today.

In this story, it is not only about Barbie’s self-discovery, but also about her seeing the world for the first time as it really is. And who could need this “reality check” more urgently than a thin, blonde, white woman?

Natürlich ist aber auch Gerwigs Werk durchaus kritikwürdig. So drehen sich ihre Filme beispielsweise fast ausschließlich um weiße Charaktere und stellen somit die Sorgen der Frauen in den Vordergrund, die ohnehin schon als „Standard“ gelten. Sogar ihre Titelfigur Barbie ist der „Standard“ – sie nennt sich im Laufe des Films selbst mehrmals „stereotypische Barbie“, entschuldigt sich aber auch für all das, was sie nicht weiß, weil ihr bis dahin alles so leicht fiel. In dieser Story geht es nicht nur um Barbies Selbstfindung, sondern auch darum, dass sie die Welt zum ersten Mal so sieht, wie sie wirklich ist. Und wer könnte diesen „Reality-Check“ dringender brauchen als eine dünne, blonde, weiße Frau?

Barbie ist eine Fantasy-Komödie und fällt somit in ein Genre, das uns und unserer Welt einen Zerrspiegel vorhält und auf verspielte Art gleichzeitig Konzepte und Bilder darstellt, die wir nur zu gut kennen. Barbieland ist die mädchenhafte Vorstellung eines feministischen Paradieses – oder genauer gesagt das, von dem die Hersteller:innen der Barbie-Puppe glauben, kleine Mädchen würden es sich wünschen. In einer realen Welt, in der die Vorstellung einer weiblichen Präsidentin und eines ausschließlich mit Frauen besetzten Obersten Gerichtshofs unerreichbar scheint, ist das Barbieland ein absurder Traum dessen, wie es sein könnte. Die Übertreibung dahinter macht einen großen Teil des Reizes aus. Wir wissen ja, dass eine exklusiv von Frauen geführte Regierung in der realen Welt auch nicht alle Probleme lösen könnte, weil das Patriarchat eben nicht nur von hypermaskulinen Männern aufrechterhalten wird. Wir wissen auch, dass es mehr gibt als nur zwei Gender, und dass Gender-Identität viel breiter gefächert ist, als uns auf der Leinwand vermittelt wird. Wir wissen, dass eine Schwarze Frau nicht so leicht zur Präsidentin gewählt werden würde. Wir kennen die Wahrheit unserer Welt. Warum erwarten wir also so krampfhaft selbst von den albernsten Komödien, dass sie uns genau diese Wahrheit 1:1 widerspiegeln?

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