Deshalb bin ich ehrlich, wenn es um kosmetische Eingriffe geht

Daher bin ich ehrlich bei kosmetischen Eingriffen.

Zuerst habe ich gar nicht bemerkt, was ich da sah: eine Influencerin, die direkt in die Kamera sprach und über jede einzelne Unterspritzung berichtete, die sie sich jemals hat machen lassen. Sie erklärte auch, warum sie das getan hat. Von den genauen Maßen und Positionen bis hin zur Langlebigkeit jeder sogenannten Verschönerung beschreibt das Video ihren jahrelangen Gebrauch von Fillern und Botox für die Stirn.

Die Influencerin dementierte die Gerüchte, dass sie sich Filler unter die Augen hat spritzen lassen, bestätigt aber, dass sie an anderen Stellen Eingriffe vornehmen ließ. Z. B. in die Wangenknochen, das Kinn und auch in die Lippen. So viel über das Innenleben ihres Gesichts und die Entscheidungen, die sie getroffen hat, zu wissen, war sehr aufschlussreich. Eine solche Offenheit ist in der chronisch undurchsichtigen Welt der sozialen Medien immer wieder verblüffend.

Eine Kultur der Transparenz

Im Jahr 2023 sprechen wir über ästhetische Eingriffe nicht mehr nur in leisen Tönen. In ihrer jüngsten weltweiten Umfrage zu ästhetischen/kosmetischen Eingriffen, die im Januar dieses Jahres veröffentlicht wurde, stellte die International Society of Aesthetic Plastic Surgery fest, dass chirurgische und nicht-chirurgische Eingriffe im Jahr 2021 um 19,3 % zugenommen hatten, wobei Botox weltweit die beliebteste nicht-chirurgische Behandlung ist. Wenn du auf TikTok nach „tweakment“ suchst, bekommst du eine ganze Reihe von Videos mit insgesamt 336.000 Aufrufen angezeigt. Es gibt Clips, die zeigen, wie Gesichter mit Injektionsstellen aufgemalt werden, und Selfies nach der Operation, auf denen die auflösbaren Nähte noch zu sehen sind. Andere zeigen Vorher- und Nachher-Bilder und erklären, wie sie ihr Aussehen verändert haben. In den letzten drei Jahren hat sich im Internet eine Kultur der unverblümten Ehrlichkeit entwickelt, in der Menschen intime Details über die Veränderungen teilen, die sie vornehmen lassen. Die Bandbreite dieser Videos ist groß, aber eines haben sie gemeinsam: Es fehlt ihnen an Scham, sie behandeln das Thema wie etwas Selbstverständliches.

@skndoctor Replying to @bita complete breakdown of all the botox & filler i’ve had done 😅 #botox #filler #injectables #fillertransformation #blackwomen ♬ No Lyrics – Kilo G

Diese neue Ära der Transparenz fühlt sich radikal weit entfernt von den 2000er und 2010er Jahren an, als Prominente versuchten, ihre OPs zu verbergen oder sie sogar leugneten. Es lässt sich nicht bestreiten, dass unsere Kultur der eingeforderten Ehrlichkeit überwältigend sein kann, aber dieser Wandel scheint einherzugehen mit dem ungehinderten Zugang, den wir heute online zueinander haben. Es gibt keinen Bereich im Leben von Menschen – vor allem von Berühmtheiten – von dem wir nicht das Gefühl haben, dass wir die Wahrheit darüber verdienen. Wenn sich ihr Aussehen verändert, oft direkt vor unseren Augen, spüren wir den Wunsch zu erfahren, was passiert ist.

Die Influencerin und Ästhetikerin Alicia Lartey ist eine kompetente Stimme in der Welt der Hautpflege und Kosmetik im Internet. Auf Instagram und TikTok hat sie zusammen 31.000 Follower. In einem Video zeigt Alicia, wie sie sich Filler unter die Augen spritzen lässt, um „Hohlräume“ und „dunkle Unterlider“ zu bekämpfen, die durch eine Gewichtsabnahme entstanden sind. Sie ist ganz offen zu ihren Zuschauer:innen und nimmt sie mit in das Büro ihres Arztes, der die Injektionen durchführt. „Ich glaube, wenn man ‚online‘ ist, hat man nicht wirklich eine Wahl“, sagt Alicia. „Die Leute sehen dein Gesicht so oft, dass sie merken, wenn es sich verändert. Da ich in den sozialen Medien für Transparenz sorgen möchte, ergibt es sich für mich von selbst, dass ich meinem Publikum gegenüber ehrlich bin. Das kommt bei ihnen gut an.“

„I didn’t intend to share any of it,” Alicia adds. “When someone asks me, I always tell them what I’ve had done, but that only happens in a small circle and mostly through direct messages.” Initially, Alicia wasn’t sure if she should film her procedure. “That’s mainly because I’m very sensitive and have already been told some mean things about me,” she adds. “It doesn’t matter how confident you are, over time these things get to you. And since I come from West Africa, I was very concerned about how my mother would react.”

Do these contents encourage conscious decision-making or normalize cosmetic enhancements and ultimately uphold unattainable beauty standards?

Between clips that revolve around product reviews, gym diaries, and vacation flashbacks, tweakment videos have become normal content snacks – just as you would expect from social media content. My “For You” feed on TikTok is often filled with videos featuring surgical procedures and aesthetic treatments like thread lifts and lip flips, each receiving hundreds, if not thousands, of likes, shares, and comments.

“I’ve always wanted to do that! But I’ve heard that all fillers migrate. Is that true?” asks a user in one of Alicia’s videos. Another video by reality star Amber Turner, in which she undergoes a rejuvenation treatment, also received numerous comments praising her transparency. “You look great, and it’s only fair that you filmed it because you’re not pretending you haven’t done anything,” writes one person. “How refreshing that you’re honest,” comments another. “So many people are dishonest. You look amazing anyway.”

It seems that tweakments won’t disappear anytime soon, and the exchange of information about them seems to have a positive effect. This transparency demystifies the treatments and makes people aware of the complex relationships involved. This includes various side effects, such as filler migration, which is incredibly common, especially when performed by unqualified doctors. You also learn what you can and cannot do after the treatment, such as whether you can exercise shortly after a Botox injection and how often you should consider a touch-up. But is the effect equally positive for the silent majority – those users who don’t leave supportive comments under viral videos? Do these contents encourage conscious decision-making or normalize a certain level of cosmetic enhancement and ultimately uphold unattainable beauty standards?

Normalization vs Demystification

Ashley, 31, found that constant access to content about cosmetic surgeries distorted her perception of what is “normal”. “Originally, I wanted to have my lips filled because I naturally have thin upper lip; I just wanted them to be a bit plumper for when I wear bold lipstick shades,” she says. Then Ashley became interested in cheek fillers as well. She says that through social media, she could learn well what she wanted – and what she didn’t – from the treatment. “But when I followed certain celebrities and clinics online, I felt like I could have more and more done, and it got out of control,” says Ashley. “My whole face has changed.”

Dr. Steven Harris, ein ausgezeichneter Arzt für Schönheitschirurgie, ist so etwas wie ein Whistleblower, wenn es um dramatische kosmetische Verschönerungen geht. Er will der „Verfremdung“ in der Ästhetik ein Ende setzen, d. h. einem verzerrten Aussehen, das bei jungen Frauen in den sozialen Medien zur Normalität geworden ist: Lippen, die so überfüllt sind, dass sie sich nach hinten klappen, oder Augenbrauen, die so stark mit Botox behandelt wurden, dass sie in einem unnatürlichen Winkel verzogen sind.

Anstatt einen Einblick in eine schwer zu verstehende Branche zu bekommen (es gibt unzählige Behandlungen und Verbesserungen, ganz zu schweigen von Bündel- und Paketangeboten mit unterschiedlichen Namen), stellte Ashley fest, dass sie über die sozialen Medien ungehinderten Zugang zu Inhalten über Verfahren hatte. Sie verlor schnell aus den Augen, was sie ursprünglich wollte. „Am Ende löste ich alles auf und machte ein Social-Media-Detox, indem ich allen Accounts, die so etwas wie das ‚Kylie-Jenner-Paket‘ anboten, nicht mehr folgte. Ich musste mich daran erinnern, dass ein Tweakment genau das bedeutet: eine kleine Veränderung an mir selbst. Nicht die Möglichkeit, eine ganz neue Person zu erschaffen.“

Megan, 24, ist hingegen der Meinung, dass der Umfang der Social Media-Inhalte über ästhetische Behandlungen dazu beiträgt, zu zeigen, dass es eine ernstzunehmende Entscheidung ist, sein Aussehen zu verändern. „Ich denke, das alles ist eine gute Sache, vor allem wenn es den Prozess zeigt und wie viel dazu gehört“, sagt sie. „Von der Suche nach dem:der richtigen Chirurg:in bis hin zu den ersten Terminen und der Beratung wird deutlich, dass es schwer ist, das Richtige zu tun und dass es immer noch einige Hürden gibt.“ Megan fügt hinzu, dass sie es problematischer findet, wenn die Inhalte offensichtlich gesponsert sind und die Person die Korrekturen von der betreffenden Marke oder dem Unternehmen bezahlen lässt.

Gesponserte oder geschenkte Inhalte (von Prominenten oder Influencer:innen, die kostenlose Behandlungen erhalten) können online schwer zu entschlüsseln sein. Vor allem, wenn sie nicht ordnungsgemäß offengelegt werden. Bei Behandlungen wie Fillern wird vieles, was als Werbung gilt, nicht immer entsprechend gekennzeichnet, sodass selten von Transparenz die Rede sein kann.

„Generell sehe ich alles, was ich in den sozialen Medien von Influencer:innen und Prominenten sehe, mit einer gewissen Vorsicht“, sagt Megan. „Das kann daran liegen, dass ich in der Branche arbeite und mich gut auskenne, oder einfach daran, dass ich mit Social Media aufgewachsen bin.“ Megan fügt hinzu, dass es für sie so normal geworden sei, ästhetische Eingriffe im Internet zu sehen, dass sie mittlerweile desensibilisiert sei. „Ich erwarte einfach, dass ich so etwas zu sehen bekomme und gehe davon aus, dass Influencer:innen und Prominente sich alle haben behandeln lassen. Ich fühle mich besser, wenn ich weiß, was im echten Leben passiert und was nicht.“

Megan sagt, dass es ihr als Teenager schwergefallen wäre, sich zwischen Realität und sozialen Medien zurechtzufinden. Deshalb macht sie sich jetzt Sorgen um junge Frauen und Mädchen im Internet. „Damals habe ich nicht verstanden, dass es eine Trennung zwischen dem echten Leben und den sozialen Medien gibt“, sagt sie. Megan ist der Meinung, dass mehr getan werden sollte, damit jüngere Mädchen den Unterschied zwischen der Realität und den sozialen Medien früher verstehen. Eine Reihe von Schönheitsexpert:innen hat insbesondere Social Media Influencer:innen dazu aufgerufen, anzugeben, wann sie sich kostenlos Filler oder Botox haben spritzen lassen.

@alicia.lartey Lets do some tweakments and get some food #vlog #filler #grwm #botox ♬ BEST INTEREST – Tyler, The Creator

Die Transparenz-Falle

Es ist absolut logisch, Social Media zu nutzen, um Informationen über ein Verfahren zu erhalten, das du in Erwägung ziehst. Vielleicht ist es sogar sinnvoll. Wo sonst kannst du so viele Fallstudien konsumieren? Wo sonst kannst du dir ein Bild davon machen, was hinter den Kliniktüren passiert? Und wo sonst kannst du die Unterschiede in der Platzierung und im Verhältnis untersuchen oder die Unterschiede zwischen den verschiedenen Praxen beurteilen? Die Vorteile, die sich aus diesen Informationen ergeben, sind vielfältig, vor allem die größere Zufriedenheit und die stärkere Interessenvertretung. Aber wenn diese Transparenz eine übertriebene Selbstkritik hervorruft, die zu der Vorstellung führt, dass wir, wie Ashley es ausdrückt, „immer mehr aus uns herausholen können“, wie genau sollen wir dann aufhören?

„Die Patient:innen wissen definitiv besser, was es gibt und was sie sich wünschen, wenn sie sich in den sozialen Medien umschauen“, sagt die Hautärztin und Ästhetikerin Dr. Amrita Bhogal. „Die Diskussion, die ich dann führen muss, lautet: Ja, diese Behandlungen sind verfügbar, aber jede:r ist anders. Es gibt verschiedene Hauttypen, verschiedene Ziele und eine Größe passt nie für alle.“ Was wir online sehen, ist vielleicht nicht für uns geeignet, sagt Dr. Bhogal, oder es gibt eine Alternative, mit der man die gleichen oder sogar bessere Ergebnisse erzielen kann. „Ich sage gerne Nein, wenn jemand unbedingt eine Behandlung haben möchte, nachdem er:sie etwas im Internet gesehen hat, auch wenn es nicht im Interesse der Person ist – selbst wenn sie sich gut informiert hat.“

Dr. Bhogal ist nicht die einzige, die potenzielle Kund:innen aus ethischen Gründen abweist. Der Schönheitschirurg und Ausbilder Dr. Jonny Betteridge von JB Aesthetics war so ehrlich, Patient:innen zu bitten, seine Klinik zu verlassen. In einem viralen TikTok-Video erinnert sich Dr. Betteridge an ein Beratungsgespräch mit einer potenziellen Patientin. „Auf den ersten Blick war es offensichtlich, dass sie schon mehrere Fillerbehandlungen hinter sich hatte“, sagt Dr. Betteridge und fügt hinzu, dass sie „überfüllt“ aussah. Während des Beratungsgesprächs erklärte die Kundin, dass sie weitere Behandlungen wünschte. „Ich habe ausführlich mit ihr darüber gesprochen, warum ich diese Behandlungen nicht für angemessen hielt“, sagt Dr. Betteridge. Als die Kundin defensiv wurde, beschloss Dr. Betteridge, die Beratung zu beenden. „Es ist so wichtig, nein zu sagen“, fügt er hinzu. „Wenn ich mich nicht wohlfühle und denke, dass sie nicht geeignet ist, werde ich sie abweisen.“

Deshalb ist es wichtig, dass die von dir gewählte Fachkraft für ästhetische Medizin kompetent und gut qualifiziert ist. Als Erstes solltest du dich erkundigen, ob sie bei einem Dachverband registriert ist. Scheue dich nicht, nach Vorher-/Nachher-Fotos der Arbeit deiner ausgewählten Fachkraft zu fragen oder um weitere Informationen über ihre Ausbildung und Qualifikationen zu bitten.

Es ist klar, dass es einen schmalen Grat gibt zwischen dem, was uns als Individuum stärkt, und dem, was unrealistische Schönheitsstandards normalisiert. Wo du dich befindest, hängt davon ab, wie viel Zeit du auf Social Media verbringst und wie schnell du Inhalte konsumierst, ganz zu schweigen von der Art der Inhalte, die dir der Algorithmus liefert. Das Wichtigste ist, dass Tweakments (egal wie transparent wir sie machen) eine Reihe von finanziellen und persönlichen Entscheidungen widerspiegeln. Sie werden nicht mit einer Spritze verabreicht, die auf alle Gesichter passt. Die wissenschaftliche Aufklärung über die Prozesse, die hinter der Veränderung deines Aussehens stehen, sowie über die Auswirkungen auf dein Selbstwertgefühl und deine Identität könnte dazu beitragen, eine Reihe von Menschen besser informierte Entscheidungen treffen zu lassen. Denn viele werden es sowieso ausprobieren. Meiner Meinung nach kann das nur eine gute Sache sein.

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