I have lost all my savings in one year

I lost all my savings in one year.

Die 27-jährige Jess* hatte immer den Traum, ein eigenes Haus zu besitzen. Dieser Traum zerplatzte allerdings ganz plötzlich, als sie durch eine Familiensituation dazu gezwungen war, ihr ganzes Erspartes auszugeben. Sie erzählt uns, welche emotionalen Konsequenzen das für sie hatte – und was sie daraus gelernt hat.

„Ich hatte schon immer den Traum, irgendwann mal ein eigenes Haus zu besitzen. Weil meine Eltern früher nicht viel Geld hatten, kam mir das allerdings immer unerreichbar vor. Mit Anfang 20 überlegte ich mir aber, dass ich wohl in dreieinhalb Jahren damit anfangen könnte, mir die Anzahlung für ein Haus anzusparen, wenn ich in meinem Job blieb. Weil es in meiner Branche aber so viele Praktikant:innen gibt, werden Angestellte bei uns relativ schlecht bezahlt, und auch mein Gehalt war nicht so toll. Zwei Jahre lang stagnierte es bei circa 20.000 Euro, aber ich versuchte, mir nebenbei ein bisschen was dazuzuverdienen – zum Beispiel, indem ich alte Klamotten auf eBay verkaufte. Wenn ich genug ansparte, würde ich mir nach ein paar Jahren die Hypothek für eine 1-Zimmer-Wohnung leisten können. Meine Mutter, bei der ich wohnte, wollte mir dabei helfen und ließ mich deswegen keine Miete zahlen. Trotzdem half ich natürlich im Haushalt bei der Wäsche, beim Abwasch und beim Saubermachen, was mich jedes Wochenende viel Zeit kostete.

Ich zwang mich selbst zum Sparen. Jeden Monat zahlte ich etwa 800 Euro auf ein separates Bankkonto ein, das ich nur im Notfall benutzen wollte. Was von meinem Gehalt übrig blieb, finanzierte mir meine Freizeit. Trotzdem musste ich viele Opfer erbringen: Ich verreiste nicht, kaufte keine neuen Klamotten oder mal ein neues Handy. Manchmal war ich dann doch ein bisschen missgünstig, wenn ich Fotos von Freund:innen von einem Wochenendtrip nach Budapest sah – aber obwohl mir das Sparen unheimlich schwer fiel, war mir das Ziel eines eigenen Zuhauses doch viel wichtiger als ein Sommerurlaub oder eine Gel-Maniküre. Im Juni letzten Jahres hatte ich mir dann auf diese Weise rund 14.000 Euro angespart.

Meine Mum hatte meinen Stiefvater zwar schon vor mehreren Jahren geheiratet, doch ging es letztes Jahr mit seinem Verhalten drastisch bergab. Wann immer er zu Hause war, verhielten wir uns so unauffällig wie möglich, weil wir nie wussten, in welcher Stimmung er wohl gerade war. Selbst für die harmlosesten Dinge drohte er uns Gewalt an – zum Beispiel, wenn wir dreckige Tassen in die Spüle gestellt hatten – und mindestens ein-, zweimal pro Woche randalierte er im Wohnzimmer, sodass ich mich in mein Zimmer zurückzog. Bei der Arbeit bekam davon zwar niemand etwas mit, aber ich hatte jeden Tag panische Angst davor, nach Hause zu fahren. Ich grauste mich vor dem Wochenende, weil es mich dazu zwang, der geballten Realität ins Auge zu schauen: Nach der Arbeit war ich meistens zu fertig dafür, aber an Wochenenden wurde mir so richtig klar, wie schlimm die Situation zu Hause wirklich war.

Ich wusste, dass es für mich keine Option war, meine Heimatstadt zu verlassen, weil es in meiner Branche anderswo kaum Jobs gab und ich auch nicht im Homeoffice arbeiten konnte. Es fiel mir dennoch schwer, mir einen anderen Plan zu überlegen. Einerseits wollte ich unbedingt so schnell wie möglich ausziehen – andererseits wusste ich aber auch, dass ich nur noch ein Jahr durchhalten musste, um mir genug Geld für eine eigene Wohnung anzusparen.

• Vepassen Sie nicht das erste Spiel der Fußballsaison – Lions ...
• Das eine Wort, das die königliche Familie Meghan Markle nicht in Su...
• Die besten Looks vom Filmfestival in Venedig 2023

All das war sehr belastend und es fiel mir schwer, mich nicht dafür zu schämen. Ich hätte mich gern meinen Freund:innen anvertraut, wusste aber auch nicht, wie ich ihnen hätte sagen sollen, dass ich mich in meinem Zuhause nicht mehr sicher fühlte. Ich wohnte vorerst weiter dort, weil mir mein Traum von den eigenen vier Wänden so unglaublich wichtig war. Im letzten Sommer eskalierte die Situation jedoch so weit, dass ich irgendwann ernsthaft daran zweifelte, ob ich das überhaupt überleben würde. Als meine Nachbarin dann die Polizei rief, wurde mir klar, dass ich ausziehen musste.

Plötzlich waren meine Prioritäten auf den Kopf gestellt: Meine Sicherheit war jetzt das Allerwichtigste. Es ging buchstäblich ums Überleben. Also zog ich von meiner Mutter aus und kam bei meiner Cousine unter, die wusste, was los war. Schon nach kurzer Zeit fühlte ich mich jedoch sehr unwohl bei ihr. Ich hasste das Gefühl, von jemandem so abhängig zu sein, und weil ich Urlaub hatte, war ich den Großteil des Tages bei ihr zu Hause. Ich setzte mich enorm unter Druck, ihre Wohnung ständig putzen zu müssen, um mich irgendwie bei ihr zu revanchieren. Dazu kam, dass ich immer wieder eine Nacht im Hotel verbringen musste, wenn ihre Stieftochter zu Besuch kam. Das kostete mich nicht nur viel Geld, sondern machte mir auch schmerzlich bewusst, dass ich gerade kein Zuhause hatte. Es fühlte sich an, als würde ich nur aus Umzugskisten leben.

Nach einer gefühlt endlosen Online-Suche stieß ich einen Monat später auf eine 1-Zimmer-Wohnung in der Nähe. Die Miete war um mehrere Hundert Euro teurer als andere Wohnungen, die ich gesehen hatte. Trotzdem beschloss ich, das Apartment zu nehmen, weil es sofort verfügbar war und ich nicht das Risiko eingehen wollte, obdachlos zu werden, falls meine Cousine mich bitten sollte, auszuziehen. Ich zahlte sechs Monatsmieten im Voraus und bekam sogar noch einen Rabatt von ein paar Hundert Euro. Ich war erleichtert, endlich ein eigenes Zuhause zu haben, ohne mir ständig Sorgen machen zu müssen, Gewalt zu erfahren oder auf der Straße zu landen. Zwar hatte ich eigentlich gehofft, jeden Monat ein bisschen Geld sparen zu können, aber schon nach ein paar Wochen wurde mir klar, dass ich kaum etwas auf mein Sparkonto einzahlen konnte. Stattdessen musste ich sogar Geld abheben, um mir Möbel, Küchenutensilien und Bettwäsche zu kaufen.

Zudem hatte ich bei der Arbeit eine neue Chefin bekommen, die eine ähnlich aggressive Mobbing-Taktik wie mein Stiefvater verfolgte und meine Arbeit als ihre eigene ausgab. Ich beschwerte mich zwar bei der Personalabteilung, hatte aber zu dem Zeitpunkt schon keine Energie mehr, um wirklich für den Job zu kämpfen – also kündigte ich.

Zusätzlich dazu hatte ich auch noch Stress mit meiner Cousine, die ständig unaufgefordert bei mir auftauchte. Obwohl ich meine Dankbarkeit mehrmals ausgedrückt hatte, konnte ich das Gefühl nicht loswerden, ihr etwas “schuldig” zu sein. Immer wenn sie also bei mir auftauchte und sich über Probleme mit ihrer Stieftochter ausließ, fühlte ich mich verpflichtet, ihr zuzuhören. Irgendwann graute es mir vor jeder ihrer Feiern, wie ihrem Geburtstag, da ich wusste, dass ich mein Budget für ihre Geschenke weit überschreiten müsste, um nicht als “undankbar” zu gelten. Mein Groll wuchs und wuchs.

Zur gleichen Zeit habe ich einen anfangs sehr charmanten Typen gedatet, der sich schnell als ziemlich kontrollsüchtig herausstellte. Nach einer Weile wurde mir klar, dass er einige Gemeinsamkeiten mit meinem Stiefvater hatte. Als ihm ein Job in einer anderen Stadt angeboten wurde, fühlte ich mich endlich sicher genug, um ihn zu blockieren.

Im Dezember endete schließlich die sechsmonatige Mindestmietdauer meiner Wohnung und ich beschloss, den Mietvertrag zu kündigen. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits völlig resigniert, da sich alles, wofür ich so hart gearbeitet hatte, in Luft aufgelöst hatte. Daher wurde ich beim Geldausgeben sehr unvorsichtig und nutzte meine Ersparnisse, um mir Dinge zu kaufen, die ich mir früher nie geleistet hätte, wie einen Urlaub in Hongkong, Parfüms und Beauty-Produkte.

Anfang dieses Jahres beschloss ich dann, nach New York zu ziehen und dort einen Neuanfang zu machen. Das führte jedoch langfristig zu noch mehr Problemen. Ich hatte gedacht, dass ich dort schnell einen neuen Job finden könnte, aber es stellte sich als viel schwieriger heraus als gedacht. Nachdem ich zwei Monate lang erfolglos versucht hatte, irgendwo eine Stelle zu finden und währenddessen viel Geld für Miete, Umzug und die Zwischenlagerung meiner Möbel ausgegeben hatte, entschied ich mich, meine Sachen wieder zu packen und zurück nach Hause zu ziehen.

Seitdem ist mein Stiefvater bei meiner Mutter ausgezogen und ich bin wieder bei ihr. Den Kontakt zu meiner Cousine habe ich abgebrochen. Alles zu verlieren, wofür ich so lange gearbeitet habe, hat sich extrem auf mich ausgewirkt. Wann immer ich mich in mein Bankkonto einlogge, zieht sich in mir alles zusammen und es ist sehr schwer, es meinen Freunden zu gönnen, die jetzt Häuser kaufen oder genug Geld für eine Anzahlung angespart haben, ohne dabei Probleme zu haben. Trotz meiner Rückschläge habe ich jedoch einen neuen Job gefunden und obwohl ich manchmal auf mein Notfallkonto zurückgreifen muss (auf dem derzeit etwa 2.300 Euro liegen), versuche ich dennoch, wieder mehr zu sparen.

Allen, die etwas Ähnliches durchmachen, empfehle ich dringend, sich an eine Organisation wie die Schuldnerberatung der Caritas zu wenden. Sie können dir am besten helfen. Ich habe mir lange Zeit selbst große Vorwürfe gemacht für alles, was passiert ist, aber jetzt weiß ich, dass ich nur noch tiefer gerutscht bin, indem ich meine Situation geheim gehalten und meinen Freunden vorgespielt habe, dass alles in Ordnung sei.

Obwohl ich hoffe, nie wieder in eine solche Situation zu geraten, habe ich doch viele positive Erkenntnisse daraus gewonnen. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, entsprechend den eigenen Verhältnissen zu leben. Im Rückblick wäre es besser gewesen, eine günstigere Wohnung zu suchen, um jeden Monat etwas auf mein Sparkonto einzahlen zu können, egal wie wenig. Und wenn ich jemals wieder im Ausland leben sollte, weiß ich jetzt, dass es besser ist, mir schon vorher einen Job zu sichern, weil ich durch den Umzug dorthin unnötig viel Geld ausgeben musste. Und am wichtigsten ist die Erkenntnis, dass du unbedingt ein Sparkonto brauchst, wenn du versuchst, einen missbräuchlichen Haushalt zu verlassen.”

*Name wurde von der Redaktion geändert.

Lust auf mehr? Lass dir jede Woche die besten Storys von HotQueen Deutschland in deinen Posteingang liefern. Melde dich hier für unseren Newsletter an!

Gefällt dir, was du siehst? Wie wäre es mit noch mehr HotQueen Goodness, direkt hier?

12 Frauen über ihren leeren Kontostand

Wie werde ich schlechte Geld-Angewohnheiten los?

9 Frauen verraten ihren Kontostand

• Finanzen & Sparen