How I learned to love myself after a sudden diagnosis

Learning to love myself after a sudden diagnosis

Letztes Jahr, zwei Wochen vor Weihnachten, ging mein Gesicht kaputt.

Ich hatte einen ganz normalen Tag hinter mir – ich hatte mich um mein Kind gekümmert, gearbeitet, war im Supermarkt gewesen –, als mir auffiel, dass die rechte Seite meines Kiefers irgendwie verspannt zu sein schien. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon seit einer Woche Kopfschmerzen und sah diesen neuen Schmerz als weiteres Anzeichen dafür, dass ich wohl endlich mal zum Orthopäden gehen sollte, damit der sich meinen verspannten Nacken mal anschaute. 

Am selben Nachmittag war ich unterwegs zum Pilates, als ich bemerkte, dass meine Augen unterschiedlich schnell blinzelten. Aus Gründen, die ich nicht genau erklären kann, fand ich das aber gar nicht so besorgniserregend. Ich ging also zum Kurs, machte meine Übungen (aua), und machte mich auf den Heimweg. Als ich unterwegs meine Eltern via FaceTime anrief, war ich demnach nur mäßig besorgt – aber als ich dann auf dem Bildschirm mein schon halb eingefrorenes Gesicht sah, war ich schockiert. Ein Auge öffnete und schloss sich nur langsam und immer ein bisschen später als das andere, und dieselbe Seite meines Mundes regte sich gar nicht mehr; mein Lächeln war völlig schief. Ich schrieb sofort einer Freundin, die schon mal eine Bell-Lähmung gehabt hatte, was sie davon hielt. Sie bat mich um ein Video von meinem Gesicht und antwortete mir dann: „Fahr ins Krankenhaus!“ Und dann setzte auch bei mir die richtige Panik ein.

Falls dir „Bell-Lähmung“ nichts sagt: Dabei sind die Muskeln auf einer Hälfte des Gesichts gelähmt. Diese Lähmung hat sichtbare Symptome (ein hängender Mund, Sabbern, Probleme beim Lächeln, beim Schließen eines Auges und beim Verziehen des Gesichts), aber auch unsichtbare (Muskelschmerzen, ein Brennen im Mund, trockene Augen, akute Kopfschmerzen).

Als ich in der Notaufnahme ankam, bestätigte mir eine Krankenschwester meine eigene Diagnose, indem sie mich mitfühlend ansah und sagte: „Ihre Symptome sprechen dafür, ja.“ Nach sechs Stunden Wartezeit hatte ich noch ein paar weitere entwickelt: Mein Mund und meine Zunge brannten, und mir tat das rechte Ohr weh. (Später reagierte ich außerdem superempfindlich auf Geräusche; das Lachen meiner Kinder kam mir so unerträglich laut vor, dass ich davon eine Panikattacke bekam.) Ich versuchte, Wasser aus einem Pappbecher zu trinken, konnte meine Lippen aber nicht mehr um den Rand schließen. Chips aus dem Snackautomaten zeigten mir, dass ich auch meinen Geschmackssinn verloren hatte. Das Schlimmste war aber mein rechtes Auge, das offen stand und nicht mehr blinzelte. Ich drückte es mit den Fingern zu und versuchte, es gedanklich dazu zu zwingen, wieder zu funktionieren – so wie vor ein paar Stunden noch. Mir fiel es schwer, mir wirklich einzugestehen, dass das hier gerade passierte. Ich fragte mich, ob ich mir das Ganze vielleicht bloß einbildete. Ein Teil von mir ging fast davon aus, dass mir die Ärzt:innen sagen würden, ich sei einfach nur müde.

Es lief aber ganz anders ab. Die Ärztin meinte, meine Diagnose sei eindeutig: Bell-Lähmung, keine Frage. Erst hieß es, es sei eine Lähmung der Stufe III, wurde aber schnell zu einer IV, die als „mittelschwer“ eingestuft ist. Eine Bell-Lähmung der Stufe IV ist gekennzeichnet durch eine „offensichtliche und entstellende Asymmetrie“ und ein „unvollständiges Schließen des Auges“.

In western medicine, there isn’t much you can do about Bell’s palsy, probably because its exact cause is not yet fully explainable. It is assumed that the paralysis is related to inflammation of a facial nerve, which was triggered by a viral infection and/or stress. However it happens, this inflammation causes swelling that compresses the affected nerve. This in turn leads to facial weakness or paralysis. Doctors prescribe steroids and antiviral medications and then advise you to wait for the nerve to regenerate. Most affected individuals recover, at least partially, within a few weeks or months. However, for some it takes longer – and in some cases, the paralysis never improves. Therefore, no one could tell me how it would turn out for me.

So I returned to my everyday life. I tried to speak without slurring, forced myself to eat small amounts of soft, very spicy food (that was the only thing I could taste even remotely), and mourned the fact that I could no longer drink hot coffee. During a follow-up examination after a week, my general practitioner noticed that one of my eyes no longer closed, and immediately referred me to an ophthalmologist. After that, I had to instill eye drops into my eye every hour during the day and apply an ointment before going to bed at night. When I left the house, I wore an eye patch and at night I taped my eye shut with a plaster to protect my retina. I went for acupuncture three times a week – a treatment that cost me a lot of money and that my doctor said “might help”.

In the first two weeks, all my thoughts about my appearance were focused on how others perceived me. But most people feel that way, says psychologist Rachael Walden, whom I interviewed for this article. “Some people feel shame. They are embarrassed by their appearance,” she says. “When you find out that very little can be done to reverse the effects of Bell’s palsy, it can trigger feelings of hopelessness, depression, and fear of how others might react to your appearance.” I myself felt this fear in every social interaction. I had to mentally prepare myself to take my son to preschool because I knew the other children would stare at me. Because I recorded my facial exercises every day, I knew exactly how distorted my face looked. But was it really scary? At that time, my daughter – then a toddler – started to prefer her father. Of course, I interpreted this as her being afraid of me. And it broke my heart.

Above all, I wish I hadn’t taken for granted a life without a visibly different face.

There’s something else you should know about me: I’ve been working as a beauty editor for over ten years. Since then, I’ve been testing hundreds of products per week (yes, really) and interviewing industry experts on all sorts of topics – from adult acne to the best hair dryer styling. When it comes to my appearance, I have become accustomed to certain resources always being available to me. It is a privilege to be able to easily make an appointment with my dermatologist or trichologist via email to quickly solve a supposed “problem”. But this time, no one could help me. I could only wait.

Vor der Bell-Lähmung hatte ich aktiv daran gearbeitet, mich damit abzufinden, wie die Geburt meiner Kinder mein Aussehen verändert hatte. Meine Haut ist heute faltiger, weniger straff, hängt mehr als früher. Seit der Geburt meiner Tochter habe ich enormen Haarausfall, einen ausgeleierten Bauch und, seit dem Abstillen, auch hängende Brüste. Die Lähmung traf mich aber auf ganz andere Art. Es war das erste Mal seit Langem, dass sich mein Aussehen derart negativ auf mein Selbstwertgefühl auswirkte. Vielleicht liegt das, wie Walden meint, daran: „Du kannst die Bell-Lähmung überhaupt nicht kontrollieren. Auch nicht, wie sie sich auf dich auswirkt – oder wann sie wieder verschwindet.“

Meine Diagnose ließ mich einsehen, wie gemein ich teilweise zu mir selbst gewesen war. Jahrelang war ich auf der Suche nach Möglichkeiten, meine vermeintlichen Makel zu „beheben“, oft im Namen meiner Arbeit. Die Bell-Lähmung hat meine Einstellung dahingehend aber total auf den Kopf gestellt. Ja, ich vermisse mein altes, komplett funktionierendes (süßeres) Gesicht, und ich wünsche mir, ich hätte es vor der Lähmung mehr zu schätzen gewusst. Vor allem wünsche ich mir aber, ich hätte es nicht so für selbstverständlich genommen, ein Leben ohne ein sichtbar anderes Gesicht zu führen. Diese Woche ist mir aufgefallen, dass ich eine Synkinese entwickelt habe, die mein Bell-Auge beim Gähnen offen hält. Ich habe weniger Lachfalten rund um das Bell-Auge, und meine Nasenflügel bewegen sich auf dieser Seite nicht so stark. Trotzdem fühle ich mich heute wohler denn je mit meinem Gesicht, obwohl es in unserer Gesellschaft, die Symmetrie als „schön“ empfindet, wohl nicht mehr dem Ideal entspricht. Ich will nicht behaupten, dass mir mein Aussehen heute völlig egal sei – aber ich finde es interessant, dass ich ganz neue Details in meinem Gesicht zu lieben lernte, als mir nichts anderes übrig blieb, als mich selbst radikal so zu akzeptieren, wie ich plötzlich aussah.

Die kleinen Augen, von denen ich mir jahrelang wünschte, sie wären größer, heller, hätten längere Wimpern? Die stören mich nicht mehr. Ich freue mich einfach darüber, dass ich sehen, Auto fahren, arbeiten, spielen kann – dass ich mich in der Welt zurechtfinde, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Meine Haut, die jetzt nicht mehr davon gereizt wird, dass ich jeden Tag neue Augenpflaster aufklebe und abreiße, ist rein und gesund. Die Stirnfalten, die ich früher mit Botox unterspritzen ließ, erinnern mich heute daran, dass mein Gesicht doch noch größtenteils so funktioniert wie früher. Ich mag mein breites Lächeln, vor allem dann, wenn es sich in den Augen meiner Kinder spiegelt. Und abgesehen von all diesen sichtbaren Dingen ist es auch ein unheimliches Privileg, ein Leben ohne körperliche Schmerzen führen zu können. Das werde ich definitiv nie wieder für selbstverständlich halten.

Es mag sich banal anhören, aber: Mir ist klar geworden, dass ich mein Gesicht lieben kann – ganz egal, wie ich aussehe.

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