How dating feels after an abusive relationship

Die Gefühle beim Dating nach einer missbräuchlichen Beziehung

Auslösewarnung: Dieser Artikel handelt von sexuellem Missbrauch und häuslicher Gewalt.

Wann hast du zuletzt etwas getan, das dir höllische Angst eingejagt hat?

Ich werde den Anfang machen: Dieser Artikel gehört zu meinen Top 3 Ängsten in meinem Leben – zusammen mit dem Film Mars Attacks!, vor dem ich als Kind total Angst hatte, und der Angst, den falschen Orangensaft für meinen missbrauchenden Partner zu kaufen. Warum macht mir dieser Artikel so viel Angst? Weil ich zum ersten Mal öffentlich zugestehe, dass ich mit 19 Jahren Opfer von sexuellem Handel wurde.

Ich habe versucht, dies für zehn Jahre geheim zu halten. Es wird gesagt, dass es bei einem Unfall besonders zu einem Stau kommt, weil die Menschen langsam vorbeifahren, um genau zu sehen, was Schreckliches passiert ist. Aber dieser Artikel ist nicht so: Ich möchte diese Geschichte nicht teilen und ich weiß auch nicht, wie das hier helfen soll.

Aber es ist passiert. Ich war jung und leicht beeinflussbar, als mir jemand einen Strauß Rosen ins Büro liefern ließ. Ich dachte, Jungs in meinem Alter seien langweilig und war fest davon überzeugt, dass ich alles besser wusste.

Ich dachte, ich sei selbst schuld an dem, was mir dann passierte, und für meine Schande allein verantwortlich. Ich erinnere mich auch daran, dass ich damals nachsuchte, ob ich vielleicht in einer missbräuchlichen Beziehung steckte, weil mein Verstand es nicht begreifen oder erkennen konnte.

Dieser Artikel soll nicht zeigen, dass ich ein Opfer oder eine Heldin bin. Es geht darum, mir einzugestehen, dass ich eine Zeit in meinem Leben hatte, die sehr chaotisch und verwirrend war. Und obwohl ich meine Erfahrungen sicherlich nicht schöntern oder romantisch verklären kann, kann ich behaupten, dass ich damit endlich abgeschlossen habe.

Ich habe keine Lust mehr darauf, Geschichten über meine Vergangenheit auszudenken, mich wie eine Lügnerin zu fühlen und ständig in Angst zu leben, dass meine wahre Vergangenheit ans Licht kommen könnte. Diese Last verfolgt mich seit Jahren – sowohl in engen Beziehungen als auch in oberflächlichen Gesprächen.

Dating macht die Sache noch komplizierter. Es fällt mir unglaublich schwer, potenziellen Partnern gegenüber offen zu sein und ihnen zu erzählen, was mir passiert ist und warum mich manche Dinge auslösen.

Einige dieser Auslöser mögen banal erscheinen – wie eine freundliche Schulterklopfen oder eine Nachricht voller Kuss-Emojis. Dann gibt es noch die unerklärliche Abneigung gegenüber allen Menschen mit Ralph-Lauren-Polohemd. Das mag nun eher nach exzentrischen Eigenheiten klingen – aber all dies sind Teile meines Mosaiks. Sie sind kleine Erinnerungen an das große Ganze, das ich allmählich ohne verzerrten Blick oder Scham erkennen lerne.

Wie fühlt es sich an, zu daten, nachdem man Opfer von sexuellem Handel geworden ist? Und wie behält man einen Teil des eigenen Lebens geheim, der – selbst nach zehn Jahren – immer noch stark beeinflusst, wer man ist?

Die kurze Antwort lautet: Ich weiß es nicht. Ich selbst frage mich das beinahe jeden Tag, und – wenn ich mal ganz ehrlich zu mir selbst bin – dieses Geheimnis zu wahren, gab mir sehr lange das Gefühl, es selbst unter Kontrolle zu haben. Ich fühlte mich, als sei es mein Geheimnis, ganz allein meins, und deswegen könne mir niemand je damit wehtun oder wirklich verstehen, wieso mich so scheinbar banale Dinge manchmal triggern.

Es war mein Geheimnis, und ich betrachtete es als die eine Sache, die komplett mir gehörte und die mir niemand mit Gewalt abnehmen konnte. Meiner Meinung nach ist es jetzt aber an der Zeit, mir einzugestehen: Ich lag mit 19 völlig falsch mit meiner Überzeugung, schon alles zu wissen, was ich hätte wissen sollen. Ich bin inzwischen an einem Punkt, an dem ich das Gefühl habe, mich mit dem abfinden zu müssen, was passiert ist. Ich sollte lernen, mich zu lieben – und dieses Kapitel meines Lebens endlich abschließen.

Wenn da nur nicht mein Liebesleben wäre. Dating fühlt sich für mich so an, als würde ich ein Minenfeld der Erinnerungen und Trigger überqueren. Ich kann nicht einfach nur jemanden kennenlernen – sondern muss jedes Mal genau abwägen, wann und wie ich bestimmte Aspekte meiner Vergangenheit teile, ohne sie zum Zentrum jedes Gesprächs werden zu lassen. Dadurch wird aber eben jedes Date, jede Nachricht, jede Geste zum reinsten Balanceakt.

Klar habe ich inzwischen gelernt, nach den kleinen Red Flags Ausschau zu halten: den zu schnell verteilten Komplimenten, den Geschichten, in denen er immer entweder wie das Opfer oder der Held klingt, die subtile Kritik an meinen Entscheidungen. Vor allem aber habe ich gelernt, auf mein Bauchgefühl zu hören – denn wenn mich die Vergangenheit eins gelehrt hat, dann, mich mehr auf meine Instinkte zu verlassen.

Dann sind da noch die lockereren Aspekte des Datings: die spätnächtlichen Nachrichten, spontane Dates, und das Flirten. In diesen Momenten merke ich, dass ich manchmal innehalte, zögere, überlege: „Was, wenn er alles wüsste?“ Ich weigere mich aber, mich von diesen Gedanken zurückhalten zu lassen. Stattdessen betrachte ich sie als kleine Erinnerungen daran, ich selbst zu sein, authentisch aufzutreten und mich selbst nicht zu verlieren, während ich jemanden kennenlerne.

Überraschenderweise kommt es dabei manchmal zu Momenten der unerwarteten Ehrlichkeit und tatsächlichen Nähe. Momente, in denen ich mich gesehen, verstanden und geschätzt fühle – nicht wegen meiner Vergangenheit, sondern als der Mensch, der ich heute bin. Es sind genau diese Momente (egal, wie schnell sie auch wieder vorübergehen), die mir Hoffnung machen, die mich antreiben und daran erinnern, dass meine Vergangenheit nur ein Kapitel meiner Geschichte ist, und nicht das ganze Buch.

Es dauerte viele Jahre, bis ich die Konsequenzen meines Traumas wirklich begriffen hatte. Ich bin immer noch dabei, zu verstehen, wie es meine Sexualität, meine Interaktionen mit anderen Leuten und meine mentale Gesundheit beeinflusst hat. Dieser Artikel ist für mich definitiv ein weiterer Schritt in Richtung Akzeptanz.

Meine Erfahrungen haben meine Beziehung zu körperlicher und emotionaler Intimität auf eine Art geformt, die manche vielleicht überraschen dürfte. Intimität macht mir keine Angst, und ich breche auch nicht in Tränen aus, weil sie mich an meine dunkle Vergangenheit erinnert. Stattdessen betrachte ich Intimität als etwas, was nicht völlig mir gehört. Meistens fühle ich mich nach den ersten paar Monaten schon nicht mehr so stark zu meinen Partnern hingezogen. Ich tendiere dazu, mich mehr darauf zu fokussieren, was er will – nicht darauf, was ich will. So, als würde ich schauspielern und so tun, als sei ich jemand anderes, um es hinter mich zu bringen.

Die emotionale Last, die ich mit mir herumschleppe, hat schon viele meiner Beziehungen ruiniert. Es kam schon vor, dass sich ein Partner heimlich die Notizen auf meinem Handy durchlas und sich dann dazu berechtigt fühlte, mir Vorwürfe zu machen; und auch, dass ich mich jemandem anvertraute, der mich falsch verstand und mein Geheimnis daraufhin gegen mich einsetzte.

Während ich der 30 näher komme, merke ich, dass ich häufiger in Beziehungen stecke, in denen ich niemandem etwas schuldig bin, in denen sich Intimität anfühlt wie eine zu erledigende Aufgabe, und in denen mir allein die Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft die Luft abschnürt.

Nach so einer chaotischen Vergangenheit ist das Dating für mich zu einem Minenfeld geworden, und Vertrauen fällt mir unheimlich schwer. Meine Überlebensinstinkte haben so lange über meine Handlungen bestimmt und mich oft in völlig paradoxe Situationen getrieben. Während ich mich zum Beispiel manchmal extrem unsicher und unwohl fühle, wenn ich nur daran denke, allein mit einem Mann in einem Zimmer zu sein, empfinde ich in anderen Situationen den unerwarteten und unerklärlichen Drang, auszurasten – beispielsweise, wenn ich mit meiner Mutter im Supermarkt einkaufen bin. Mir ist außerdem aufgefallen, dass ich mich zunehmend zu verständnisvollen Männern über 40 hingezogen fühle.

Nach einem Jahrzehnt habe ich endlich auch etwas Gutes in dem erkannt, was mir passiert ist – oder in dem, was ich habe passieren lassen. Ich bin immer noch damit beschäftigt, die Schuldfrage zu klären: Sollte ich mich auch schuldig fühlen, oder nicht?

Ich habe aber eine starke Fähigkeit dazu entwickelt, die Warnsignale einer missbräuchlichen Person zu erkennen – zum Beispiel, wenn mich jemand lovebombt, oder wenn sich jede Feier, jeder Anlass um ihn drehen muss. Wenn er Geschichten erzählt, in denen er immer wieder wie der Held klingt – und trotzdem gleichzeitig immer das „Opfer“ ist. Wenn er über all seine Ex-Partner:innen spricht, als seien sie wahnsinnig. Wenn er keine Freund:innen hat und dir versichert, das Alter sei nichts als eine Zahl. Oder wenn er deine Freund:innen verabscheut und versucht, dich von deinen Liebsten zu entfernen.

Dating ist für mich zum Drahtseilakt geworden. Ich bin immer auf der Hut und überlege es mir lieber zweimal, bevor ich in einer App nach rechts swipe – und obwohl mich Blumensträuße an eine naivere Zeit zurückerinnern, sind sie für mich doch immer ein Beweis dafür, wie weit ich gekommen bin. Und ich weiß ganz genau: Selbst bei jeder noch so großen Geste ist es immer eine gute Idee, auch mal das Kleingedruckte zu lesen.

Wenn du selbst betroffen bist oder jemanden kennst, die oder der Opfer häuslicher Gewalt ist, kannst du dich beispielsweise unter der Nummer 08000 116 016 oder per Online-Beratung an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden – ein vertrauliches, kostenfreies 24-Stunden-Beratungsangebot, das anonyme, mehrsprachige und barrierefreie Unterstützung bietet. Eine Liste mit weiteren Ansprechpartnern findest du hier.

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